Netzpolitik im Zuge der Enthüllung von PRISM und Co.

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(socialON) Dem Thema „PRISM & Co.“ konnte in den letzten Wochen aufgrund der ständigen Medienpräsenz keiner entgehen. Bislang verblieb die Grundsatzdiskussion vor allem im bundes- und europapolitischen Bereich. Dennoch hat diese Debatte auch landespolitische Bedeutung. So hat das Saarland nach Ansicht der Piratenfraktion nun die Chance, durch eigene Anstrengungen in den Bereichen Bildung, E-Government und Wirtschaftsförderung bei Bevölkerung und Unternehmen zu punkten und seine Attraktivität als Lebens- und Wirtschaftsstandort im Vergleich mit anderen Bundesländern konkret zu unterfüttern.

Der Fraktionsvorsitzende Michael Hilberer fasst die politische Dimension wie folgt zusammen: „Die Enthüllungen von Edward Snowden sind einhistorischer Wendepunkt in der Beziehung von Staat und Bürger. Die lange vermutete massenhafte Überwachung all unserer Kommunikation hat sich auf erschreckende Art und in nie dagewesenem Ausmaß bestätigt. Die Geheimdienste agieren außerhalb des Grundgesetzes und zum nachhaltigen Schaden an der freiheitlichen Demokratie. Die Landesregierung muss an der Wiederherstellung der verfassungsgemäßen Ordnung mitarbeiten. Dazu sollte sie sich nach §2 der Landesverfassung auch verpflichtet fühlen. Die Gewissheit einer bestehenden Totalüberwachung muss auf ganz verschiedenen Ebenen der Landespolitik klare Folgen haben.“

„Denn die Folgen betreffen unseren Umgang mit dem alltäglichen Vernetzt-Sein“, so Jasmin Maurer, medien- und jugendpolitische Sprecherin der Piratenfraktion. „Facebook und andere soziale Netzwerke gehören für viele Jugendliche und Erwachsene zum alltäglichensozialen Leben  dazu. Sie kommunizieren dort mit Freunden, teilen Inhalte und lassen andere an ihrem Leben teil haben. Das ist nicht aufzuhalten. Und gerade hier ist es an der Zeit, dass sich Jugendliche, und auch Erwachsene darüber bewusst sind, was sie da tun. Die Inhalte bleiben auf unbestimmte Zeit im Internet stehen, selbst wenn der Betroffene sie wieder löscht.

An dieser Stelle fordern wir eine verstärkte Aufklärung in den Schulen. Hier fordern wir, Lehrer im Bereich der Medienkompetenz und Datenschutz weiterzubilden und im zweiten Schritt das bisherige Wahlfach „Medienkompetenz“ zu einem Pflichtschulfach zu machen.“

„Die Folgen betreffen ebenso die Vernetzung zwischen Verwaltung und den Bürgerinnen und Bürgern“, so der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Andreas Augustin.
„Die öffentliche Verwaltung bietet auch immer mehr Dienste online an. Kritisch wird es jedoch,sobald Daten in die andere Richtung fließen, von den Bürgerinnen und  Bürgern zu den Ämtern. Will man sich nicht nur informieren, sondern online auch gleich etwas beantragen, so muss eine sichere Übertragung  des Antrags und der darin enthaltenen Daten gewährleistet sein.

Eine solche sichere Übertragung ist bei der De-Mail z.B. nicht gegeben. Sicher kann nur das sein, was  Experten als „Ende-zu-Ende-Verschlüsselung“ bezeichnen. Entsprechende Kommunikationsmöglichkeiten gibt es und sie gelten auch als sicher, doch waren sie bei der Einführung der De-Mail aus politischen Gründen nicht gewünscht. Dadurch wird aber der Sinn der gesamten Online-Plattform konterkariert, da alles was dort geschieht nicht mehr als sicher gelten kann.

Es ist schon schlimm genug, dass die Geheimdienste mehr Daten denn je abgreifen. Aber wenn dann noch unwirksame Gegenmaßnahmen eingeführt und per Gesetz als ’sicher‘ deklariert werden, obwohl sie es nicht sind,dann ist das eine Verhöhnung der Menschen. Hier kann und soll die Landesregierung mehr tun, als der gesetzliche Mindeststandard vorschreibt. So kann das Saarland auch mehr Attraktivität für Menschen und Unternehmen ausstrahlen.“

„Die Folgen betreffen auch die Vernetzung von Unternehmen“, so der wirtschaftspolitische Sprecher Michael Neyses zum Thema Wirtschaftsspionage und wie die Landesregierung die Unternehmen davor schützen kann.

„Offenbar wurden auch EU-Institutionen abgehört, was unter anderem befürchten lässt,  dass  europäische und deutsche Unternehmen gezielt ausspioniert werden. Und das wäre nicht das erste Mal, denn bereits das Überwachungsprogramm „Echelon“ wurde schon zum Zweck der  Wirtschaftsspionage und zur  Erlangung von Großaufträgen eingesetzt. In  Zeiten von Überwachungsprogrammen wie „PRISM“ und „Tempora“ kann es  daher nicht  ausgeschlossen werden, dass neben saarländischen Unternehmen auch  Institute wie z. B. die Forschung an der Universität  oder des  Universitätsklinikums des Saarlandes von Wirtschafts- und Industriespionage betroffen sind. Bürger und Unternehmen im Saarland haben das Recht und den Anspruch vom Land vor Datenspionage und -sabotage von ausländischen G eheimdiensten geschützt zu werden.

Daher fordern wir von der Landesregierung, eine Aufklärungs- und Beratungskampagne für saarländische Unternehmen mit dem Ziel zu initiieren, das Bewusstsein der saarländischen Wirtschaftund Forschung für die Gefahren zu schärfen, die von staatlicher   Wirtschaftsspionage im Zusammenhang mit Telefon- und Internetüberwachung durch ausländische Geheimdienste ausgehen, und den Unternehmen Hilfe bei der Einrichtung von Schutzmaßnahmen zu leisten sowie eine Task-Force von IT-Sicherheitsexperten sowie Vertetern der Wirtschaft, Landesregierung und Landtagsfraktionen einzuberufen, um weitere konkrete Maßnahmen zum Schutz der saarländischen Wirtschaft vor IT-basierter  Wirtschafts- und Industriespionage zu erarbeiten.“

Die abschließende Forderung der Piraten fasst Michael Hilberer noch einmal zusammen: „Wir fordern die Ministerpräsidentin auf, von ihrer bisherigen Befürwortung von Überwachungsmaßnahmen abzurücken, unsere Vorschläge umzusetzen und sich damit einer breiten, öffentlichen Diskussion zu stellen. Wir können es uns nicht leisten, auf eine internationale Abrüstung der Massenüberwachungsmittel zu warten.“

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