Mit der Datenschutzgrundverordnung wenig beschäftigt

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Nur jedes siebte Unternehmen glaubt, die EU-Verordnung fristgerecht umzusetzen
Jedes dritte Unternehmen hat sich noch nicht mit der Datenschutzgrundverordnung beschäftigt

(socialON) Jedes dritte Unternehmen hat sich noch nicht mit der Datenschutzgrundverordnung beschäftigt. Aktuell haben erst 13 Prozent erste Maßnahmen angefangen oder umgesetzt. Nur jedes siebte Unternehmen glaubt, die EU-Verordnung fristgerecht umzusetzen. Größte Hürden sind unklarer Umsetzungsaufwand und Rechtsunsicherheit.

Der großen Mehrheit der Unternehmen in Deutschland drohen in wenigen Monaten Millionen-Bußgelder. Am 25. Mai 2018 müssen nach einer zweijährigen Übergangsfrist die Vorgaben der EU-Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) umgesetzt sein – doch nur eine Minderheit wird diesen Termin einhalten können. 15 Prozent der Unternehmen mit 20 oder mehr Mitarbeitern gehen davon aus, dass sie die Vorgaben der DS-GVO zu diesem Datum vollständig umgesetzt haben. Weitere 15 Prozent erwarten, dass sie die Anforderungen zum größten Teil erfüllen werden. Rund jedes zweite Unternehmen (54 Prozent) sagt, in acht Monaten werde die Umsetzung teilweise erfolgt sein, jedes zehnte (10 Prozent) räumt aber ein, zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht oder gerade erst mit der Umsetzung begonnen zu haben. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung unter mehr als 500 Unternehmen, die Bitkom heute im Rahmen seiner Privacy Conference in Berlin vorgestellt hat. „Die Zeit drängt, um die Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung umzusetzen. Unternehmen, die bis jetzt abgewartet haben, müssen das Thema schnellstmöglich aufarbeiten“, sagte Susanne Dehmel, Geschäftsleiterin Recht & Sicherheit beim Bitkom. „Wer den Kopf in den Sand steckt, verstößt demnächst gegen geltendes Recht und riskiert empfindliche Bußgelder zu Lasten seines Unternehmens.“

Aktuell haben sogar erst 13 Prozent der Unternehmen erste Maßnahmen zur Umsetzung der DS-GVO begonnen oder abgeschlossen. Dehmel: „Vor einem Jahr lag der Anteil bei 8 Prozent, viel passiert ist seitdem offenkundig nicht.“ 49 Prozent beschäftigen sich derzeit mit dem Thema. Jedes dritte Unternehmen (33 Prozent) gibt an, sich bislang noch überhaupt nicht mit den Vorgaben der Verordnung beschäftigt zu haben. Von den Unternehmen, die sich bereits mit der DS-GVO beschäftigt haben, sagt rund die Hälfte (47 Prozent), dass sie bisher höchstens 10 Prozent aller notwendigen Arbeiten erledigt hat. Nur 3 Prozent gehen davon aus, dass sie mehr als die Hälfte der Aufgaben abgearbeitet haben.
Selbst grundlegende organisatorische Voraussetzungen für den Datenschutz im Unternehmen fehlen häufig. So geben 42 Prozent der Unternehmen an, dass sie kein sogenanntes Verfahrensverzeichnis haben, in dem die internen Prozesse für die Verarbeitung personenbezogener Daten dokumentiert sind. Vor einem Jahr lag der Anteil mit 46 Prozent ähnlich hoch.

Ohne ein solches Verzeichnis ist die Anpassung der eigenen Prozesse an die DS-GVO schwierig. „Ein Verfahrensverzeichnis ist heute schon Pflicht, künftig aber noch dringender erforderlich. Die neue Verordnung verlangt von den Unternehmen den Nachweis der rechtskonformen Datenverarbeitung. Eine solche Datenschutz-Dokumentation wird in Streitfällen eine wichtige Rolle spielen“, so Dehmel.

Die Umfrage zeigt auch: Die Nutzung personenbezogener Daten ist für viele Unternehmen von zentraler Bedeutung. Jedes Dritte (32 Prozent) setzt sie zur Verbesserung von Produkten und Dienstleistungen ein. Und 4 von 10 Unternehmen (42 Prozent) geben sogar an, dass die Nutzung personenbezogener Daten die Grundlage des eigenen Geschäftsmodells ist. Dehmel: „Angesichts der Bedeutung von personenbezogenen Daten für die Geschäftstätigkeit der Unternehmen ist es schwer nachzuvollziehen, warum so viele die Übergangsfrist bei der Datenschutzgrundverordnung bislang untätig verstreichen ließen.“

Die Befragten nennen als größte Herausforderungen bei der Umsetzung der DS-GVO den schwer abzuschätzenden Aufwand (52 Prozent), Rechtsunsicherheit (43 Prozent) und mangelnde praktische Umsetzungshilfen (32 Prozent). Entsprechend wünschen sich 28 Prozent Auslegungshilfen der Verordnung durch die EU-Kommission, 27 Prozent hätten gerne Praxisleitfäden und 16 Prozent Handreichungen von den Aufsichtsbehörden. „Das Gesetz ist an vielen Stellen vage und den Unternehmen fehlen Vorgaben, wie sie damit umgehen sollen. Konkrete Vorgaben wären hilfreich“, so Dehmel. „Allerdings dürfen die rechtlichen Unsicherheiten kein Grund dafür sein, die Hände in den Schoß zu legen.“

Künftig rechnen 35 Prozent der Befragten mit Mehraufwand im Unternehmen durch die DS-GVO. Jedes fünfte Unternehmen (20 Prozent) erwartet dabei sogar deutlich mehr Aufwand. Nur 3 Prozent rechnen dauerhaft mit weniger Aufwand. Dennoch halten sich bei der grundsätzlichen Bewertung der Datenschutzgrundverordnung Zuversicht und Skepsis die Waage. So rechnen 6 von 10 Unternehmen (60 Prozent) damit, dass die DSG-VO langfristig zu mehr Rechtssicherheit führt, fast ebenso viele (57 Prozent) erwarten einheitlichere Wettbewerbsbedingungen in der EU. 4 von 10 Unternehmen sagen sogar, dass ihr eigenes Unternehmen durch die DS-GVO Vorteile hat (39 Prozent) und dass sie ein Wettbewerbsvorteil für europäische Unternehmen ist (38 Prozent). Allerdings gibt es auch kritische Einschätzungen. So befürchten 57 Prozent kurzfristig mehr Rechtsunsicherheit, 42 Prozent glauben, dass Geschäftsprozesse komplizierter werden. Mehr als jeder dritte Befragte (36 Prozent) sagt zudem, die DS-GVO bremst Innovationen in Europa, jeder Vierte (23 Prozent) sieht einen Wettbewerbsnachteil für europäische Unternehmen. Und 14 Prozent gehen sogar so weit zu sagen, die Datenschutzverordnung stelle eine Gefahr für die eigene Geschäftstätigkeit dar.

Für den Einstieg in das Thema hat Bitkom „Fragen und Antworten“ (FAQs) zur Datenschutz-Grundverordnung veröffentlicht, die einen ersten Überblick über die Veränderungen zur heutigen Rechtslage geben. Außerdem hat Bitkom vier Praxisleitfäden erstellt, wie verschiedene Verpflichtungen aus der Verordnung im Unternehmen umgesetzt werden können: „Datenübermittlung in Drittstaaten“, „Verarbeitungsverzeichnis“, „Risk Assessment und Datenschutzfolgenschutzabschätzung“ sowie die „Mustervertragsanlage zur Auftragsverarbeitung“. Alle Informationen stehen auf der Bitkom Webseite zum kostenlosen Download bereit: www.bitkom.org/Themen/Datenschutz-Sicherheit/DSGVO.html

Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 507 für den Datenschutz verantwortliche Personen (Betriebliche Datenschutzbeauftragte, Geschäftsführer, IT-Leiter) von Unternehmen aller Branchen ab 20 Mitarbeitern in Deutschland befragt. Die Umfrage ist repräsentativ.

Ihre Ansprechpartner:
Andreas Streim
Pressesprecher
T +49 30 27576-112
a.streim@bitkom.org

Susanne Dehmel
Geschäftsleiterin Recht & Sicherheit
T +49 30 27576-223
s.dehmel@bitkom.org

Bitkom vertritt mehr als 2.500 Unternehmen der digitalen Wirtschaft, davon gut 1.700 Direktmitglieder. Sie erzielen allein mit IT- und Telekommunikationsleistungen jährlich Umsätze von 190 Milliarden Euro, darunter Exporte in Höhe von 50 Milliarden Euro. Die Bitkom-Mitglieder beschäftigen in Deutschland mehr als 2 Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zu den Mitgliedern zählen 1.000 Mittelständler, mehr als 400 Start-ups und nahezu alle Global Player. Sie bieten Software, IT-Services, Telekommunikations- oder Internetdienste an, stellen Geräte und Bauteile her, sind im Bereich der digitalen Medien tätig oder in anderer Weise Teil der digitalen Wirtschaft. 80 Prozent der Unternehmen haben ihren Hauptsitz in Deutschland, jeweils 8 Prozent kommen aus Europa und den USA, 4 Prozent aus anderen Regionen. Bitkom fördert und treibt die digitale Transformation der deutschen Wirtschaft und setzt sich für eine breite gesellschaftliche Teilhabe an den digitalen Entwicklungen ein. Ziel ist es, Deutschland zu einem weltweit führenden Digitalstandort zu machen.

Quelle: Pressemitteilung bitkom vom 19.09.2017.
Bildquelle: pixabay.com.