Bundesregierung darf kein grünes Licht für Zwei-Klassen-Internet geben

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(socialON) Nordrhein-Westfalens Verbraucherschutzminister Remmel hat die Beschlüsse der heutigen (17. Mai) Verbraucherschutzministerkonferenz in Bad Nauheim zur Netzneutralität begrüßt und sich erneut für eine gesetzliche Verankerung der Netzneutralität ausgesprochen.

„Die jüngst ausgesprochene Ankündigung der Deutschen Telekom, die Surfgeschwindigkeit bei Erreichen eines bestimmten Volumens ab 2016 zu drosseln und für eine Freigabe der ursprünglichen Geschwindigkeit ein zusätzliches Entgelt zu verlangen, zeigt noch einmal deutlich den gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Es ist notwendig, dass der Bund zügig tätig wird, um mit einer gesetzlichen Verankerung der Netzneutralität ein Zwei-Klassen-Internet zu unterbinden“, sagte Remmel in Bad Nauheim. Remmel fordert ein Internet, in dem Datenpakete unabhängig von ihrer Qualität, ihrer Quantität, von Absender und Empfänger sowie von den genutzten Diensten und Inhalten diskriminierungsfrei übertragen werden.

Eine bevorzugte Datenübertragung gegen Zahlung eines höheren Preises lehnte er ab. „Dadurch wäre eine gleichberechtigte Teilhabe weniger zahlungskräftiger Verbraucherinnen und Verbraucher am Internet als zentrales Medium unserer Gesellschaft nicht mehr gewährleistet, sagte Remmel“. Einem von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg vorgelegten Antrag war die Mehrheit der Länder auf der Verbraucherschutzministerkonferenz gefolgt.

Strengere Anforderungen an Scoring-Verfahren von Auskunfteien
In einem weiteren unter anderem von Nordrhein-Westfalen vorgelegten Beschlussvorschlag, den die Länder einstimmig beschlossen, wird die Notwendigkeit strengerer Anforderungen für den Einsatz von Scoring-Verfahren gesehen.

Schon 2009 hat sich der Bundesrat dafür ausgesprochen, die Verwendung bestimmter Daten im Rahmen eines Verfahrens zur Bewertung der Bonität zu untersagen. Dieser Aufforderung ist die Bundesregierung bisher nicht gefolgt. Insbesondere sollte die Prognose hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit nicht mehr auf die Anschrift eines Betroffenen sowie Wohnumfeld- oder Schätzdaten gestützt werden dürfen. „Diese Praxis wird von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu recht als diskriminierend wahrgenommen“, sagte Remmel.

Nach der aktuellen Rechtsprechung müssen die Auskunfteien auch nicht begründen, weshalb bestimmte Daten wie Alter oder Geschlecht für die Berechnung herangezogen und wie diese jeweils gewichtet wurden. Damit können Verbraucherinnen und Verbraucher nicht im Detail nachvollziehen, auf welcher Berechnungsgrundlage die vorgenommene Bewertung erfolgt ist. Remmel dazu: „Von einer umfassenden Transparenz und einem wissenschaftlich fundierten Verfahren kann aktuell nicht die Rede sein. Deshalb ist Überarbeitung der Regelungen im Bundesdatenschutzgesetz ist dringend erforderlich.“

Länder fordern neuen Anlauf für Bußgeld-Portale
Minister Remmel hat zudem den Beschluss der Verbraucherschutzministerkonferenz zu den Bußgeld-Portalen für Hygiene-Sünder und Grenzüberschreitungen bei Lebens- und Futtermittel begrüßt. „Die Länder haben Bundesministerin Aigner aufgefordert, unverzüglich ihr verfassungswidriges Bundesgesetz nachzubessern, damit Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin über Hygiene-Verstöße und Grenzwertüberschreitungen informiert werden können.

Mit ihrem ersten Anlauf hat Frau Aigner vor den Verwaltungsgerichten vieler Länder eine Bauchlandung hinnehmen müssen. Das darf aber nicht auf den Rücken der Verbraucherinnen und Verbraucher ausgetragen werden.“

Am 1. September 2012 hatten die Landesregierung und die Kommunen in NRW das Verbraucherportal www.lebensmitteltransparenz.nrw.de auf der Grundlage eines neuen Bundesgesetzes gestartet, um Verbraucherinnen und Verbraucher über Ergebnisse der landesweiten Lebensmittelkontrollen zu informieren. Dieses neue Bundesgesetz verpflichtete die Kommunen und die Länder zur Veröffentlichung solcher Verstöße.

Auf dem Internet-Portal („Bußgeld-Portal“) wurden seit September Datensätze veröffentlicht, wenn Grenzwerte von unerwünschten Stoffen bei Lebensmitteln und Futtermitteln überschritten oder gravierende Verstöße gegen Kennzeichnungs- und Hygienevorschriften festgestellt wurden. Voraussetzung für die Veröffentlichung ist, dass die Kennzeichnungs- und Hygieneverstöße mit einem Bußgeld von mindestens 350 Euro geahndet werden.

Verbraucherinnen und Verbraucher erfuhren auf dem Portal, um welche Lebensmittel es sich handelt und wer sie in Verkehr gebracht hat. Und sie erfahren, in welchem Betrieb gravierende Hygienemängel gefunden oder falsche Kennzeichnungen festgestellt wurden. Am 24. April hatte auch das Oberverwaltungsgericht des Landes NRW in Münster die Rechtswidrigkeit des von der Bundesregierung verabschiedeten Bundesgesetz (§ 40 Abs. 1a Lebens- und Futtermittelgesetzbuch) festgestellt.

Der Gesetzgeber müsse die zeitliche Wirkung dieser Veröffentlichung durch Aufnahme einer Löschungsfrist einschränken, entschied das OVG. Gerichte in anderen Bundesländern entschieden ebenfalls so. Abgesehen von dieser Lücke im Gesetz aber sei eine Veröffentlichung angesichts der damit verfolgten Ziele wie Verbraucherinformation, Markttransparenz und abschreckende Wirkung grundsätzlich nicht zu beanstanden, betonte das Gericht in Münster. Remmel: „Deshalb wollen wir grundsätzlich an dem Bußgeld-Portal festhalten und drängen nun auf eine schnelle Gesetzesreform, damit wir mit dem Portal wieder online gehen können.“

Hrsg: Ministerium für Klimaschutz, Umwelt,
Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
des Landes Nordrhein-Westfalen – Pressereferat
Schwannstraße 3, 40476 Düsseldorf