Beim Brexit drohen Umsatzeinbußen für deutsche Digitalwirtschaft

0
1952

(socialON) Beim Brexit drohen Umsatzeinbußen für die deutsche Digitalwirtschaft. Großbritannien ist wichtiger Handelspartner der Bitkom-Branche. Acht Prozent aller deutschen ITK-Exporte gehen ins Königreich.

Wenn die Briten am Donnerstag über einen Ausstieg aus der EU abstimmen, werden auch die deutschen IT-Unternehmen die Entscheidung über den sogenannten Brexit genau verfolgen. Ein Ausscheiden Großbritanniens, das seit Jahren zu den zehn wichtigsten Handelspartnern gehört, könnte für die Digitalwirtschaft mit deutlichen Umsatzeinbußen einhergehen, warnt der Digitalverband Bitkom. Im vergangenen Jahr wurden ITK-Produkte und Unterhaltungselektronik im Wert von 2,9 Milliarden Euro von Deutschland nach Großbritannien geliefert. Das entspricht 8 Prozent der gesamten ITK-Ausfuhren aus Deutschland. Damit ist das Land knapp hinter Frankreich das zweitwichtigste Ausfuhrland für die deutschen Unternehmen. Umgekehrt kamen aus Großbritannien 2015 ITK-Produkte im Wert von rund 1,2 Milliarden Euro nach Deutschland.

„Großbritannien ist für Deutschland seit Jahren eines der wichtigsten Exportländer für IT- und Telekommunikationsprodukte und ein bedeutender Handelspartner. Sollte es wirklich zu einem Brexit kommen, hängt alles davon ab, wie die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Ländern danach vertraglich geregelt werden, etwa was den freien Austausch von Waren und Dienstleistungen angeht“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Jedes Hemmnis für einen freien Austausch von Waren birgt die Gefahr, dass es auch zu Umsatzverlusten bei deutschen Anbietern kommt.“ Im ersten Quartal dieses Jahres wurden ITK-Produkte und Unterhaltungselektronik im Wert von 626 Millionen Euro von Deutschland nach Großbritannien geliefert, teilte der Digitalverband Bitkom unter Berufung auf aktuelle Berechnungen von Bitkom Research mit. Umgekehrt wurden Waren im Wert von 311 Millionen Euro aus Großbritannien nach Deutschland eingeführt.

Neben dem Warenaustausch würde ein Brexit nach Ansicht des Bitkom auch negative Auswirkungen auf die übrigen Wirtschaftsbeziehungen wie etwa die Freizügigkeit für Arbeitnehmer haben. „Wenn Großbritannien sich entscheidet, nicht mehr die Pflichten einer EU-Mitgliedschaft übernehmen zu wollen, dann ist es konsequent, dass das Land auch nicht mehr von den Vorteilen profitieren kann“, so Rohleder. „In diesem Fall müssen eine Vielzahl von Vereinbarungen völlig neu verhandelt werden. Das kostet Zeit und Geld – und am Ende wird Großbritannien sicher weniger gut gestellt sein als ein reguläres EU-Mitglied.“ Sollte es tatsächlich zu einem Brexit kommen, wäre es deshalb für Unternehmen und Verbraucher zunächst erforderlich, dass es ausreichend bemessene Umstellungszeiten gibt, damit sich alle Beteiligten den veränderten Rahmenbedingungen anpassen können.

„Auch unabhängig von konkreten wirtschaftlichen Folgen wäre ein klares Ja der Briten für den Verbleib in der EU das richtige Signal für ein starkes digitales Europa“, so Rohleder. Schon heute hätten es europäische Digitalunternehmen und vor allem Mittelständler und Start-ups schwer, angesichts von mehr als zwei Dutzend verschiedener nationaler Gesetzgebungen auf Augenhöhe mit ihren Mitbewerbern aus den USA oder China zu bleiben. „Wir brauchen einen echten europäischen Binnenmarkt. Gerade die Digitalbranche kann und muss den nationalen Fliehkräften etwas entgegensetzen“, so Rohleder.

Zu den ITK-Außenhandelszahlen für das erste Quartal 2016:
Im ersten Quartal des Jahres sind die Ausfuhren von Unterhaltungselektronik aus Deutschland gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 3 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro gestiegen, wie der Digitalverband Bitkom mitteilt. Die Exporte von Kommunikationstechnik wie Telefonanlagen und Netzwerktechnik wuchsen um zwei Prozent auf 3,2 Milliarden Euro. Rückläufig war die Auslandsnachfrage nach IT-Hardware wie Computer, Drucker oder Zubehör, die um 8 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro zurückging. Insgesamt sanken die Exporte von ITK-Produkten und Unterhaltungselektronik damit von Januar bis März im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht um drei Prozent auf 8,2 Milliarden Euro. Die Importe waren mit einem Minus von ein Prozent auf 13,6 Milliarden Euro ebenfalls leicht rückläufig. Fast die Hälfte (46 Prozent) der ITK-Importe nach Deutschland stammen dabei aus China. Mit deutlichem Abstand folgen in der Liste der wichtigsten Lieferländer die Niederlande (901 Millionen Euro) und Vietnam (800 Millionen Euro). Zur Datenquelle: Grundlage der Angaben sind Berechnungen von Bitkom Research auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes.

Ansprechpartner
Andreas Streim
Pressesprecher
T +49 30 27576-112
a.streim@bitkom.org

Dr. Axel Pols
Chefvolkswirt
T +49 30 27576-120
a.pols@bitkom.org

Bitkom vertritt mehr als 2.300 Unternehmen der digitalen Wirtschaft, davon gut 1.500 Direktmitglieder. Sie erzielen mit 700.000 Beschäftigten jährlich Inlandsumsätze von 140 Milliarden Euro und stehen für Exporte von weiteren 50 Milliarden Euro. Zu den Mitgliedern zählen 1.000 Mittelständler, 300 Start-ups und nahezu alle Global Player. Sie bieten Software, IT-Services, Telekommunikations- oder Internetdienste an, stellen Hardware oder Consumer Electronics her, sind im Bereich der digitalen Medien oder der Netzwirtschaft tätig oder in anderer Weise Teil der digitalen Wirtschaft. 78 Prozent der Unternehmen haben ihren Hauptsitz in Deutschland, 9 Prozent kommen aus Europa, 9 Prozent aus den USA und 4 Prozent aus anderen Regionen. Bitkom setzt sich insbesondere für eine innovative Wirtschaftspolitik, eine Modernisierung des Bildungssystems und eine zukunftsorientierte Netzpolitik ein.

Quelle: Pressemitteilung bitkom vom 20.06.2016.